Hintergrund der WELT-Schlagzeile war eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Darin hat sich das Gericht mit der Frage befasst, wie Vorsorgedokumente formuliert sein müssen, um im Fall des Falles auch wirklich zu helfen.
Zur Vorsorgevollmacht lautet die Botschaft des Gerichts: mit einer solchen Vollmacht gibt man letztlich sein Leben in fremde Hände und daher muss das, was der Bevollmächtigte im medizinischen Bereich tun darf, sehr genau formuliert sein. Da ist es mit den Worten „Generalvollmacht – zur Vertretung in allen Angelegenheiten“ bei weitem nicht getan! Der Bundesgerichtshof erklärt sehr ausführlich, dass für Entscheidungen am Lebensende, wie z.B. die Beendigung von künstlicher Ernährung oder das Abschalten von Beatmungsgeräten das Bürgerliche Gesetzbuch genaue Vorgaben für eine Vollmacht enthält; nur wenn diese eingehalten werden kann der Bevollmächtigte handeln.
Fazit: nur eine juristisch exakt formulierte Vorsorgevollmacht nützt im Fall des Falles.
Und auch zur Patientenverfügung hat der Bundegerichtshof deutliche Worte gefunden. Er kritisiert vor allem die Unschärfe der fraglichen Patientenverfügung; darin heißt es „Dagegen wünsche ich, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn…“ Das ist dem Gericht zu schwammig, denn es fehlt die genaue Definition, welche Behandlung konkret gemeint ist – lebensverlängernd kann vieles sein….. Auch Formulierungen wie „Erhaltung eines erträglichen Lebens“ oder „schwerer Dauerschaden“ finden keine Gnade – auch hier sei der Interpretationsspielraum viel zu weit. Dabei macht es uns das Gericht aber auch nicht leichter, wenn es zugleich beschwichtigend „tröstet“, dass die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung aber auch nicht überspannt werden dürfen – ja, was denn nun mag mancher fragen – muss man nun exakt jede Behandlungsmöglichkeit auflisten oder was soll man tun?
Die Antwort bleibt das Gericht leider schuldig, aber wie so oft hilft der gesunde Menschenverstand und ein Blick ins Gesetz: man kann einfach nicht alle in Betracht kommenden Krankheiten und Behandlungsmöglichkeiten in einer Patientenverfügung erfassen – dazu ist das Leben zu vielfältig! Aus diesem Grund enthalten Patientenverfügungen in der Regel „nur“ vier „Standardsituationen“ für die sie gelten sollen und eine begrenzte, aber medizinisch-juristisch exakt beschriebene Auswahl an Maßnahmen, die man für diese Situationen wünscht oder eben auch nicht wünscht. Der Gesetzgeber selbst sagt uns, was wir tun sollen, wenn auch eine solche gut formulierte Patientenverfügung im konkreten Fall nicht passt. Es fordert den Arzt auf, dann gemeinsam mit dem Bevollmächtigen zu überlegen, was der Patient gewollt hätte – die beiden sollen den „mutmaßlichen Willen“ des Patienten ermitteln, heißt es im Gesetz. Und damit dies den Beteiligten möglichst gut gelingt sollte man in einem gesonderten Abschnitt der Patientenverfügung entsprechende Anhaltspunkte liefern. Das Bundesjustizministerium spricht in diesem Zusammenhang davon, dass man seine „Wertvorstellungen“ zu Papier bringen soll; andere nennen es „Persönliches Kapitel“ oder auch „Werte-Anamnese“ – letztlich geht es darum, dem Arzt eine Vorstellung davon zu geben, wie Sie „ticken“, in welche Richtung Ihre Gedanken zu Fragen am Lebensende gehen.
Das sind sicher keine leichten Fragen, mit denen man sich da befassen muss, aber es lohnt sich – gerade auch nach diesem Urteil des Bundesgerichtshofs! Denn mit solch einem „Persönlichen Kapitel“ stellen Sie sicher, dass an Ihrem Lebensende Entscheidungen getroffen werden können, die Ihren Vorstellungen entsprechen – auch wenn Ihre Patientenverfügung im konkreten Fall nicht „passt“. Im Falle des Bundesgerichtshofs fehlten solche persönlichen Hinweise und so kam es zu einem Rechtsstreit durch alle Instanzen.
Fazit: Eine gute Patientenverfügung stellt sicher, dass an Ihrem Lebensende Entscheidungen in Ihrem Sinne getroffen werden – lassen Sie sich beraten, welche juristisch-medizinisch korrekten Formulierungen dafür erforderlich sind.
Rechtsanwältin Ingrid Alsleben, Gifhorn